Vorgehensmodelle : Das Rational Unified Process (RUP)

avatar

Das Rational Unified Process-Modell betrachtet den Ablauf eines Projekts in zwei Dimensionen.
Zum einen gibt es die zeitliche Dimension, die in die vier Phasen Konzeptphase (Inception phase), Ausarbeitung (Elaboration phase), Konstruktion (Construction phase) und Übergang in den Betrieb (Transition phase) unterteilt wird.

In der zweiten Dimension werden die Arbeitsabläufe (Workflows) des Projekts, unterteilt in die wichtigsten Kernabläufe und die wichtigsten unterstützenden Abläufe, betrachtet.

Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel des RUP:

rup.png
Abbildung: Das Rational Unified Process Vorgehensmodell

Bei der Abbildung ist zu beachten, dass der gesamte dargestellte zeitliche Ablauf von Inception bis Transition einem Zyklus im Sinne des
evolutionären Vorgehens entspricht. Jede neue Version des Systems wird also nach diesem Modell entwickelt. Die im unteren Teil der Abbildung angegebenen Iterationen können so interpretiert werden, dass jede Iteration ein wohldefiniertes Zwischenergebnis liefert, das Gegenstand der Qualitätssicherung sein muss.

Zunächst werden die zeitlichen Phasen (horizontale Untergliederung) und danach die Aktivitäten (vertikale Untergliederung)) kurz umrissen.

Die vier Phasen Inception, Elaboration, Construction und Transition werden jeweils durch einen sogenannten Meilenstein abgeschlossen. Ein Meilenstein bildet dabei einen Zeitpunkt, an dem aufgrund des Erreichten eine Entscheidung über den Projektfortgang getroffen werden muss. Dies ist im Prinzip mit der vierten Teilphase (unterer, linker Quadrant) des Spiralmodells vergleichbar.

Im Einzelnen können die Phasen wie folgt beschrieben werden:

  1. Konzeptphase
    Während dieser Phase werden die fachlichen Anforderungen an das System erhoben und der Umfang des Projekts definiert. Dabei werden alle systemexternen Stellen identifiziert, die mit dem System interagieren müssen.

  2. Ausarbeitung
    Diese Phase dient der Fortführung der Analyse des Problembereichs, der Erarbeitung einer groben Systemarchitektur, der Entwicklung eines Projektplans und der Eliminierung der bedeutendsten Projektrisiken.

  3. Konstruktion
    In dieser Phase geht es um die Erstellung des Systems. Dies beinhaltet die Implementierung der noch ausstehenden Komponenten und fachlichen Funktionalitäten. Diese werden dann zum vollständigen System integriert und (hoffentlich) getestet.

  4. Übergang/Abgabe
    In dieser Phase wird das System beim Endanwender in Betrieb genommen. Dabei kann zunächst ein „Beta-Test“ mit einer ausgewählten Nutzergruppe
    durchgeführt werden.

Im Rational Unified Process erfüllen die Arbeitsabläufe (Workflows) folgende Aufgaben:

  • Geschäftsprozessmodellierung
    In diesem Arbeitsablauf werden die für das System relevanten Geschäftsprozesse in sogenannten Use Cases dokumentiert.

  • Anforderungen
    Hier geht es darum zu ermitteln, was das System leisten soll. Dazu sind sowohl die funktionalen Anforderungen als auch die gegebenen Rahmenbedingungen zu dokumentieren.

  • Analyse und Design
    Dieser Arbeitsablauf beschäftigt sich mit der Frage, wie das System realisiert werden soll. Dazu wird ein Designmodell zur Festlegung der Systemarchitektur und optional ein Analysemodell erstellt.

  • Implementierung
    Hier sind die einzelnen Bausteine (Klassen) zu entwickeln und zu integrieren.

  • Test
    Durch die Testabläufe sollen sowohl das Zusammenspiel der Komponenten als auch die Erfüllung der für das System definierten Anforderungen überprüft werden.

  • Inbetriebnahme
    Die Arbeitsabläufe zur Inbetriebnahme des Systems umfassen alle Aktivitäten, die sich mit der Schulung und Unterstützung der Benutzer, mit der Zusammenstellung und Installation der Software beschäftigen.

Zusammenfassend kann der Rational Unified Process als Kombination eines klassischen Wasserfallmodells mit Elementen des Spiralmodells und insbesondere des evolutionären Prototyping charakterisiert werden.

Quelle
Kruchten, Philippe: Der Rational Unified Process: Eine Einführung, Addison-Wesley, München, 1999



0
0
0.000
1 comments