Über den Umgang mit dem Tod

Liebe Alle,

das einzige, was gewiss ist, ist der Tod. Und trotzdem wird in unsere heutigen Gesellschaft diese einfache Erkenntnis verdrängt. Als ob man ein verbrieftes Recht auf ewiges Leben (und Konsum) hätte und ein vorzeitiges Ableben eine bloße Panne sei, die es zu verhindern gilt. Auch vor Corona war es schon so, und ohne diese Grundeinstellung (und ein massives Demokratiedefizit) wären all diese Maßnahmen und Freiheitseinschränkungen der Lockdowns jetzt wohl kaum möglich gewesen.

Schon bevor der Homo zum sapiens wurde, machte er sich Gedanken über den Tod und was danach kam. Das können wir zumindest aus den teils aufwendigen Grabbeigaben schon beim Neandertaler vermuten. In vielen Kulturen wurde den Toten Nahrung mitgegeben, für ihren nächsten Weg wohin auch immer. Auch die früher bei uns übliche Totenwache entstand daraus, dass man das Hinübergehen der Gestorbenen in die nächste Welt bzw. den Übergang begleiten und bewachen wollte. Eine zutiefst spirituelle Angelegenheit, die im Zuge der Zeit immer mehr abgedriftet ist zu einer Verabschiedungszeremonie mit Trinkgelage. Die westliche, technologisierte Welt ist mittlerweile spirituell völlig blind und auch wenn es zweifellos toll ist, was wir heute an materiellen Möglichkeiten haben, hat diese Blindheit ihre Schattenseiten. Eine davon ist der falsche Umgang mit dem Tod, der an sich etwas völlig natürliches ist, genauso wie die Geburt. Die Geburt wird ja auch zunehmend zu einem technischen, geplanten "Eingriff" (siehe die zunehmende Kaiserschnittrate).

Dieser eine Satz von Anke Precht verdeutlicht ganz gut, was ich meine:

Da wird eine weitere Chemotherapie angesetzt und den Angehörigen gesagt: „Wir tun alles, was wir können“, anstatt dass man ihnen und dem Betroffenen achtsam erklärt, dass es gut wäre, sich Zeit füreinander zu nehmen und diese Zeit zu genießen, bei ordentlicher Lebensqualität, und sich dann liebevoll zu verabschieden. Quelle

Ich beziehe mich auf wirklich alte Menschen, nicht solche, die aufgrund eines Unfalles auf der Intensivstation liegen. Aber das Durchschnittsalter der Coronatoten liegt ja bei über 80 Jahren und entspricht eigentlich der durchschnittlichen Lebenserwartung.

Das Nichtloslassenkönnen führt dazu, dass die letzten Tage zwar hinausgezögert werden, aber um welchen Preis? Oft entstehen nur unnötige Qualen und die Menschen sterben nicht in Ruhe und Würde, sondern umgeben von Apparaten und Hektik. Nicht das Leben wird hinausgezögert, sondern oft nur das Leiden und Sterben! Dass jeder sterben muss, wird verdrängt und was verdrängt wird, macht uns Angst. Angst ist aber ein schlechter Ratgeber und so haben viele Menschen 2020 ihr Leben verloren, weil sie aus Angst kein Spital aufgesucht haben (siehe z.B. hier).
Natürlich ist jeder Fall ein Einzelfall und als solcher individuell zu bewerten, aber oft bleibt keine Zeit, um in Würde Abschied zu nehmen. Denn das so wichtige sich verabschieden können hat, wie überhaupt alles Zwischenmenschliche, keinen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Und jetzt besonders, wo den Menschen eine Angst vor sozialen Kontakten eingetrichtert wird. Je länger dieser Zustand dauert, desto schwieriger wird es, da auch wieder rauszukommen, speziell Kinder könnten durch das fortgesetzte Maulkorbtragen für immer geschädigt werden. Aber nicht nur Kinder, auch die Alten leiden. Stell Dir vor, Du hast ein langes, erfülltes Leben gehabt und kannst Dich dann nicht mehr mit denen, die Dir lieb sind, treffen und austauschen - eine Horrorvorstellung. Alles unter dem Vorwand, das Leben zu verlängern? Warum jetzt? Warum hat man sich um diese Alten bislang nie gekümmert? Spitalskeime, Pneumonie,... alles unwichtig bis jetzt? Nein, hier geht es nicht um Erhöhung der Lebenserwartung. Aber ich schweife ab.
Die Kernfrage ist, warum die quantitative Anzahl der Lebenstage wichtiger ist als die Lebensqualität, speziell am Lebensende?
Ich würde mir für mich wünschen, nicht die letzten Tage an Apparaten zu hängen, sondern bei klarem Verstand im Kreise meiner Familie zu verbringen.
Ich wünsche mir, dass wenn es soweit ist, ich es schaffen werde, den Tod als Freund zu akzeptieren, der zu mir sagt: "Komm, Du hast lange gelebt, nun komm zur Ruhe..." anstatt verbissen, ohne Lebensqualität, um jeden einzelnen Tag zu kämpfen.

Wenn Du nur mehr ein Jahr zu leben hättest, was würdest Du anders machen?"

Wer antwortet "gar nichts", der hat es gut, denn der führt schon sein Leben so, wie er es will. Wer etwas gerne anders machen würde, der soll sich besser beeilen mit den Änderungen, denn niemand weiß, wie lange man noch hat! Ob mit Virus oder ohne!

Und nicht auf die Hinterlassenschaft der Kryptos vergessen - die Verwandten könnten überfordert sein mit all den Schlüsseln, Wallets, Altcoins, Tokens,...

Quellen:
https://www.ankeprecht.de/verdraengung-der-endlichkeit/
Wolf-Dieter Storl: "Unsere Wurzeln entdecken"

Posts zum Thema:
Wie wir sterben
Was passiert im Gehirn, wenn wir sterben?

cure.JPG
Albumcover von "Staring at the Sea", The Cure



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Der Tod lauert ständig und für jeden!
Der Tod durch Krebs Corona und andere Krankheiten ist ja fast schon normal!
Der Tod durch Unfälle z.B. im Strassenverkehr ebenso!

Der Tod eines 9 Wochen alten Babys und dessen Vater hier bei mir in Trier
jedoch nicht!

Der Tod lauert ständig und für jeden!

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Das Nichtloslassenkönnen führt dazu, dass die letzten Tage zwar hinausgezögert werden, aber um welchen Preis? Oft entstehen nur unnötige Qualen und die Menschen sterben nicht in Ruhe und Würde, sondern umgeben von Apparaten und Hektik. Nicht das Leben wird hinausgezögert, sondern oft nur das Leiden und Sterben!

Das schwingen Allmachtsphantasien mit, die so in dieser Form normalerweise nur von Sozialisten geäußert werden.

Erinnert an die Endura des Machäismus im frühen Mittelalter oder auch an den Ketzer Sozialismus.

Das Recht auf Leben ist ein Grundrecht - und natürlich nicht vom Alter abhängig. Jeder Mensch kann selbst entscheiden wie sein Leben im Alter aussieht - er darf weder von der Politik, noch von der Gesellschaft oder wem auch immer seines Rechtes auf Leben - und sei er noch so krank - beraubt werden.

Insofern finde ich auch das Prechtzitat als hochproblematisch und subtil sozialistisch und Menschenverachtend, da hier jemand versucht Gott zu spielen und sich über die Schöpfung zu stellen.

Das Problem ist nicht der alte oder kranke Mensch, das Problem ist die menschenverachtende Ideologie und der Sozialismus der immer mehr versucht die Gesellschaft so zu verändern, dass sie eines Tages aktiv alte und kranke Menschen in den Tod treibt und wenn diese nicht eines Tages freiwillig sterben wollen am Ende aktiv umbringt.

Insofern weist der Beitrag eine Reihe inhaltlicher Schwächen auf, die einen gewissen Mangel an Sorgfalt hinsichtlich der Perversion sozialistischer Ideologien im Hinblick auf das individuelle Leben eines Menschen erkennen lassen.

Hab kurz überlegt ob ich den Beitrag deshalb downvoten soll, da er sich zu einem Sprachrohr eines Menschenverachtenden sozialistischen Konzepts macht das weit weit in die Geschichte des Sozialismus hineinreicht und sich in abgewandelter Form so auch im chiliastischen Sozialismus der Antike, aber auch im Ketzer Sozialismus der Katharrer vor knapp 1000 Jahren so wiederfand und mehr Menschenleben kostete als die Inquisition.

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Ich verstehe überhaupt nicht, inwiefern der Beitrag ein "Sprachrohr für ein menschenverachtendes Konzept" sein soll. Ev. hast Du ihn misinterpretiert.

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Woher weißt Du ob ein Mensch gerade seine letzten Tage erlebt? Ist dass nicht Anmaßung und Gottspielerei? Ich hab Menschen erlebt den ging es wirklich dreckig und haben dennoch überlebt. Nach ihrer Genesung waren sie zum Teil nicht wieder zu erkennen. Von einem akuten Zustand auf die Lebensprognose zu schließen ist anmaßend, vor allem wenn die betroffenen von Dehydrierung usw. Betroffen sind. Ich denke nicht dass wir als Ärzte geschweige denn als Politiker das Recht haben uns zu Göttern zu erheben, die darüber entscheiden wann jemand sterben soll und wann nicht. Das Problem sind nicht die Kranken und die Alten, das Problem sind die sozialistischen Gottspieler, die das Gesundheitssystem vor allem in den letzten 3 Jahrzehnten demontiert haben und das Personal immer mehr vergraulen. Es sind genau diese Gestalten, die von ihrem chronischen aus Inkompetenz und Für gespeisten Versagen durch Diskussionen um das sozialverträgliche Frühableben von Kranken und Alten ablenken wollen. Insofern sollte die gesellschaftliche Diskussion sich nicht um den Tidestrieb des Sozialismus drehen, sondern um das Recht auf ein Leben in Würde, egal wie alt oder krank man ist.

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Achso, das meinst Du. Ich bezog mich ausdrücklich auf Alte, multimorbide Menschen, vermutlich ist das nicht so rübergekommen. Und sicher, jeder ist ein Einzelfall. Aber oft geht gerade im verbissenen Versuch, noch ein paar Tage Lebenszeit rauszuschinden, jegliche Würde verloren. Anmassung? Vielleicht. Aber ist die Geiselnahme einer ganzen Gesellschaft aufgrund eines neuartigen Grippevirus nicht die viel größere Anmassung? Wer eine Infektion als Todesursache kategorisch, mit allen Mitteln ausschalten will, will der nicht letztlich den Tod selbst negieren? Die Balance ist hier komplett verlorengegangen!

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Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Geiselnahme der Gesellschaft erfolgt nicht weil wir alte und kranke Menschen haben, sondern eine sozialistische Junta die durch Planwirtschaft das Gesundheitssystem systematisch und mit Vorsatz über Jahrzehnte dabei ist zu demontieren mit der Folge das qualifiziertes Personal abgewandert ist und weiter abwandern und Krankenhäuser geschlossen und Betten drastisch reduziert wurden. Die Akten und Kranken dafür ins sozialverträgliche Frühableben zu schicken und Gott zu spielen ist ja gerade die Nummer der Unmenschlichkeit die der Sozialismus immer wieder gerne produziert.

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Das mit dem "sozialverträgliche Frühableben" ist doch ein Ammenmärchen. Und die Zigaretten werden auch nicht verboten, damit die Leute früher sterben, korrekt?

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Sehr interessanter Beitrag. Lädt zum Nachdenken ein!

Liebe Grüße Michael

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Your contribution was curated manually by @mima2606
Keep up the good work!

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Erinnert mich an eine meiner früheren Aussagen: Wir tun so, als wäre Covid die erste Krankheit. Guter und wichtiger Beitrag deinerseits.

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Jeder Mensch ist sein eigener Pilot ...

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