Schnapsidee der Woche: Hochhäuser als Stromspeicher

Liebe Leser,

leider bin ich in der Mailingliste von https://futurezone.at und daher über den folgenden Beitrag gestolpert:

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https://futurezone.at/science/hochhaeuser-strom-speichern-batterie-schwerkraft-gravitation-aufzuege/402036539

Da wird allen Ernstes behauptet, das Verfrachten von Paletten, gefüllt mit nassem Sand, in obere Stockwerke von Hochhäusern sei ein Beitrag, um "das Stromnetz auf klimafreundliche Weise stabil zu halten"! Denn Speicherung und kurzfistiges Abrufen von Strom ist natürlich ein Problem in einer klimawoken Gesellschaft, in der man sich vor allem auf stark schwankende Stromerzeuger wie Wind und Solar verlässt. Um das nochmal festzuhalten, wir reden hier von einem Problem, dass es ohne die "Energiewende" gar nicht geben würde!

Der Plan ist also, "überschüssigen" (sic!) Strom zu verwenden, um Gewichte hochzuschaffen (ähnlich einem Pumpspeicherkraftwerk) und bei Bedarf (robotergesteuert, versteht sich) wieder runterzufahren und dabei Strom zu gewinnen, LEST genannt (Lift Energy Storage Technology).

Startups wie Energy Vault oder Gravitricity versuchen schon mehr oder weniger lange, diese Art von "gravity batteries" in z.B. aufgelassenen Minenschächten oder hohen Lagerhallen rentabel zu machen, und verbrennen dabei das Geld ihre gutgläubigen Investoren!

Liftanlagen von Wohn- oder Geschäftshochhäusern zu benutzen wurde vorgeschlagen in diesem paper in "Energy" von Mitarbeitern des Internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse.

Die Skizze zur Erklärung wirkt wie die eines Unterstufen-Schulprojekts:
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https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0360544222010052

Arbeiten soll LEST angeblich vor allem am Wochenende, wo die Büros meist ohnehin ungenutzt sind und auf diese Weise Gänge und Großraumbüros komplett mit den 1500l-Behältern vollgestellt werden können - sofern die Maximaltragelast für eine Stockwerkdecke nicht überschritten wird!
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https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0360544222010052

Ich stelle mir das richtig lustig vor, wenn jemand Montag früh in sein Büro kommt und ein 1500kg schweres Behältnis gefüllt mit nassem Sand parkt den Meetingraum oder die Kaffeeküche zu.

Warum das eine Schwachsinnsidee ist?

Weil man, gerade um das Netz zu entlasten, kurzfristig Strom braucht. So ein System, selbst wenn es funktionieren würde, ist aber fern von kurzfristig (wenn erst langsame Roboter die Gewichte in Lifte befördern müssen, während Personen gleichzeitig damit fahren wollen). Wenn das "Speichern" und das rasche "Abrufen" von Strom eigentlich sinnvollerweise nur am Wochenence passieren kann, wie soll es dann zur Entlastung des Netzes zu Zeiten von Spitzenbedarf beitragen? Am Wochenende ist nie Spitzenbedarf!!
Von den Systemverlusten (Reibung, Trägheit, Steuerung) ganz zu schweigen: Wenn 70% des beim Rauffahren produzierten Stroms wieder zurückkommt, wäre das schon gut. Ein unter Vollast herunterfahrender Lift muss ja unten auch sanft abgebremst werden, das kostet ebenfalls Energie. Die Autoren geben selbst zu, dass die in Büros gern verwendeten Teppichböden die Reibungsverluste und damit die Energiebilanz beim Herumlavieren der Behälter ungünstig beeinflussen.
Ausserdem müssen die LEST-Roboter ja auch mit Energie versorgt werden und aufgeladen sein. Die Akkus der Roboterarmee führen dann wieder zu Problemen der Nachhaltigkeit (dieselbetriebene Roboter, die die Bürogänge verqualmen, verbieten sich von selbst und die Lebensdauer der E-Roboter wird von den Autoren mit nur 5 Jahren angegeben).
Und schliesslich müssen die Gewichte und die Transportroboter mit ihrer Ladeinfrastruktur auch gelagert werden. Lagerplatz ist aber auch nicht umsonst in einem Hochhaus (wird von den "Wissenschaftlern" des papers aber mit 0 angegeben!
Ach ja, der enorme Verschleiss der Liftanlagen durch die vielen Transportfahrten würde die Wartungskosten sicher auch in die Höhe treiben, auch mit keinem Wort erwähnt.

Energierückgewinnung (i.e. Rekuperation) in modernen Hochausliften ist übrigens ein alter Hut, das wird längst praktiziert, ohne dass man es bemerkt (inkl. der entsprechenden Reibungsverluste und sonstigen systemischen Limitierungen). Aber noch keiner hat daraus etwas derart Hochtrabendes fabrizieren wollen.

Wenn der Autor dann behauptet "Mit 20 Liften komme man dann im besten Fall auf ein Megawatt, was sich mit einem kleineren Windrad vergleichen lässt.", wirds endgültig grotesk, denn ein Windrad ist ja kein Energiespeicher. Für das abgerufene Megawatt mussten zuerst ca. 1,5 MW verbraucht werden, um die Lasten hinaufzuschaffen! Also was sollte dieser Vergleich??

Finanziert wurde die Arbeit unter anderem von der "National Agency of Petroleum, Natural Gas and Biofuels(ANP)" und ein "ANP Human Resources Program for the Oil and Gas, Sector Gas".
Am Ende war das alles nur Satire und keiner hat´s gemerkt?

Hochhäuser in Singapur
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@stayoutoftherz

Letztlich wird die Lösung für alle echten Umweltprobleme in neuen Technologien liegen, das steht ausser Frage, Ansätze gibt es je genug dafür (Beispiel). Aber nicht überall, wo "Technologie" draufsteht, ist etwas Vernünftiges drin! Insofern ist diese unreflektierte "Hurra!"-Mentalität der futurezone-Redaktion manchmal nur schwer zu ertragen! Einmal mehr fehlt in unserer Zeit eine kritische Berichterstattung!



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In Zeiten, in denen zu viel Strom da ist, könnten die Energiekonzerne auch einfach Mining betreiben. Das wird ja an manchen Orten schon so ppraktiziert.

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Da bevorzuge ich doch lieber Bitcoin mining um die Stromversorgung konstant zu halten. Wird derzeit schon in Texas gemacht.

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Wer könnte ernsthaft erwarten, dass bei dem bisherigen unbescheiblichen Versagen in Energie- und Klimapolitik, nun plötzlich etwas Sinnvolles kommen sollte...

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Ich kann Dir nur zustimmen. Jeden Tag ist mehr lächerlich in unseren Gesellschaft .

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Da in meiner Gegend es nicht nur an Häusern, sondern auch an bewohnten Häusern mangelt, und wenn vorhanden, dann nicht über ein Stockwerk hinausgehend, habe ich mich für eine andere Methode entschieden.
Ich schlage mir mit einem handlichen Hammer im Fünfsekundentakt auf den Ellennerv (Nervus ulnaris). Dies mag zwar (wie der Begriff es bereits andeutet) nervig sein, erzeugt allerdings Strom im eigenen Körper auf höchstem Niveau. Nach hundert Treffern bin ich dermaßen was von geladen, dass ich nur noch zur Steckdose rennen muss, Zeige- und Mittelfinger mit meinem Energieversorger verbinden und die gesammelte Energie abgeben kann.
Das dürfte jedenfalls machbar sein. Nur lachen sollte man über meine Idee nicht, da ich ein wahres Sensibelchen bin. :-)

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Das klingt ähnlich vernünftig wie die Idee mit den Hochhausliften, nur, dass Du noch einen Bonus für die Nachhaltigkeit bekommst!

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🤣🤣🤣 Mimm Hammer ande geggisch Ooder rumschaffe... Hasche das dunnemols off de Gruub gelernd? So heerd sichs faschd aan! Wann de schonn de Hammer indie Hand nemmsch: Ab unn zu uff die groos Zeeb bollere. Das baut ordentlich Druck uff, denne kannsche aa irschendwie verwerte, unn zeminsch bleibschde wach bei de Arwet!

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Aijoo, doomools in Heinitz, zweemool mim Hammer in de Fleez un dann voll uff die geggisch Ooder. So hann isch mir die Zeit vertriieb. Jetz, wo Schischt im Schacht iss, hannisch de Hammer in die Egg gebollerd un geehn liewer in de Schtall un lossa ma von de Kieh uff de Zeewe rumprampele. Iss aach ganz scheen!

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Das kann doch unmöglich deren Ernst sein! Und ich hab gedacht meine Idee von einer "potentiellen Batterie" sei nahe einer Schnapsidee. Ich glaube sie ist allerdings um einiges besser durchdacht als die nassen Sandsäcke in diesem Plan...!

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Man könnte locker 1,5 MW Strom sparen, wenn die Aufzugpassagiere zwischen jedem Stockwerk 3x auf- und ab hüpfen würden! Die Air Time beim Hüpfen reduziert die Last an den Aufzugmotoren, wodurch diese jeweils pro Hüpfer für knapp 1/2 Sekunde leer laufen und durch die Gegen-EMF der gezogene Strom gegen 0 A tendiert. Diese kleinen Einsparungen summieren sich echt auf, so dass pro Jahr und Hochhaus mindestens ein Atomkraftwerk abgeschaltet werden könnte... (Siehste, Bullshit kann ich auch 🤣)

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Vielleicht sollten wir von allem, was in den Massenmedien propagiert wird, Abstand halten. Das Problem ist halt, ob unsere "Entscheidungsträger" nicht längst nach Anweisungen handeln, die auf "Verbrannte Erde" hinauslaufen. Hybride Kriegsführung ist ja nicht auf den ersten Blick als Kriegsführung zu erkennen. Wie uns ja die C Maßnahmen deutlich vor Augen führten.

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