Wie Hunde die Welt wahrnehmen | How dogs see the world [DE / EN]

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Sich mit seinen Hunden intensiver zu beschäftigen um ihr Wesen zu ergründen, führt zwangsläufig irgendwann zu der Frage, wie die Vierbeiner die Welt eigentlich wahrnehmen. Denn davon hängt ab, ob und wie wir ihre Reaktionen und ihr Verhalten deuten können.
In diesem Post zeige ich euch die optische Wahrnehmung der Hunde und gehe auf deren sensorische Gewichtung und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die gesamte Wahrnehmung und das Verhalten der Hunde ein.

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To engage with your dogs more intensively in order to learn their nature, inevitably leads at some point to the question of how the four-legged friends actually perceive the world. Because it's depending on it whether and how we can interpret their reactions and their behavior.
In this post, I would like to show and explain the visual perception of dogs and talk about their sensory weighting and the resulting effects on the overall perception and behavior of dogs.


Cover image - Dog Selina

Optische Wahrnehmung

Das Sehvermögen von Hunden und das von Menschen unterscheiden sich grundlegend. Die Sehschärfe eines Hundes liegt beispielsweise nur zwischen 20 und 40 Prozent, gegenüber jener eines gesunden Menschen. Somit können Hunde also nur mit einer 5 Mal schlechteren Auflösung sehen, im Vergleich zu uns.
Hältst du deinem Hund und einem deiner Kumpels aus 100 Meter Entfernung einen Knochen entgegen, bis dein Kumpel ihn gerade noch erkennen kann, wird ihn dein Hund nicht erkennen können. Du müsstest dich, in diesem Fall dem Hund damit auf 20 Meter nähern, damit er den Knochen gut erkennen kann.
Allerdings ist die geringere Sehschärfe nur ein kleiner Preis für ein paar Superfähigkeiten.

So befindet sich hinter oder inmitten der Netzhaut des Hundeauges das sogenannte "Tapetum lucidum" (lateinisch für leuchtender Teppich), welches sich bei Hunden erst nach der Geburt langsam entwickelt. Das Tapetum ist ein Reflektor, der dafür sorgt, dass das Licht die Netzhaut mindestens 2 Mal passiert. Außerdem verfügt die Netzhaut des Hundeauges über mehr Stäbchen-Zellen. Mittels dieser sehr empfindlichen Lichtsinneszellen können auch schwache Lichtreize in Signale für das Sehzentrum verwandelt werden.
In der Nacht sind uns die Hunde deshalb in ihrer Sehfähigkeit weitaus überlegen und sehen bei Tag, bei Nacht und dunklen Witterungsverhältnissen, fast gleich gut.

Auch die Wahrnehmung von bewegten Objekten, leisten Hunde sehr viel schneller als Menschen. Dies ist dem Aufbau des Hundeauges geschuldet, welches ihm ein größeres peripheres Gesichtsfeld verleiht und ermöglicht, den Horizont der visuellen Eindrücke gezielt auf Bewegungen abzusuchen.

Du wirst dich sicher schon gefragt haben, weshalb dein Hund den Monet an deiner Wohnzimmerwand nicht genauso schön findet wie du. Ich selbst liebe viele seiner Werke, gerade wegen der Vorliebe des Meisters für wundervolle Rot-Grün Kontraste.
Leider können Hunde da überhaupt nicht mitreden, weil ihnen die Fähigkeit zum Sehen von Rot und Grün fehlt. Das vom Hund wahrnehmbare Farbspektrum umfasst nur Töne von Grau, Blau und Gelb. Das macht es Hunden natürlich unmöglich, Farben wie Rot, Orange, Gelb und Grün von einander zu unterscheiden. Wobei sie allerdings etwas besser im Unterscheiden von Grautönen sind, als Menschen.

Die folgende Illustration zeigt ungefähr das vom Hund wahrnehmbare Farbspektrum als Farbverlauf. Darauf folgend, zeigen verschiedene Fotos, wie Hunde wahrscheinlich ihren Alltag visuell wahrnehmen.
Ich habe diese Bilder gemäß wissenschaftlicher Erkenntnisse in GIMP (Software für Grafikbearbeitung) erstellt.

Optical perception

The visual abilities of dogs and those of humans are fundamentally different. The visual acuity of a dog, for example, is only between 20 and 40 percent, compared to that of a healthy human. So dogs can only see with a 5 times lower resolution, compared to us.
If you hold a bone towards your dog and one of your buddies from a distance of 100 meters, so that your buddy can just make it out, your dog will not be able to recognize it. You would have to get within 20 meters of him with the bone, so that your dog can recognize the bone well.
However, the lower visual acuity is just a small price to pay for a few super abilities.

For example, behind or in the middle of the retina of the dog's eye is the so-called "tapetum lucidum" (Latin: luminous carpet), which develops slowly in dogs only after birth. The tapetum is a reflector that ensures that light passes the retina at least 2 times. In addition, the retina of the dog's eye has more rod cells. Because of these very sensitive light sensing cells, even weak light stimuli can be transformed into signals for the visual brain center.
At night, the dogs are therefore far superior to us in their visual ability and see during the day, at night and dark weather conditions almost equally well.

Also dogs are able to percept of moving objects much faster than humans. This is due to the structure of the dog's eye, which gives him a larger peripheral field of view and allows the horizon to be scanned for any movement very efficiently.

You may have wondered why your dog doesn't find the Monet on your living room wall as beautiful as you do. I myself love many of his works, just because of the master's preference for wonderful red-green contrasts.
Unfortunately, this does not excite your dog at all, because they lack the ability to see red and green. The color spectrum that can be perceived by dogs includes only shades of gray, blue and yellow. This of course makes it impossible for dogs to percieve colors like red, orange, yellow and green from each other. However, they are somewhat better at percieving shades of gray than humans.

The illustration below shows the color spectrum perceptible by dogs as a color gradient, quite well. Below this illustration, various photos show how dogs are likely to visually perceive their everyday lives.
I created these images in GIMP (graphics editing software) in accordance with scientific knowledge.


Sichtweise der Hunde | Dog vision #1

Sichtweise der Hunde | Dog vision #2

Sichtweise der Hunde | Dog vision #3

Sichtweise der Hunde | Dog vision #4

Sichtweise der Hunde | Dog vision #5

Frisches Fleisch | Fresh meat


Auf welche Sinne Hunde sich vorzüglich verlassen

Du wirst es dir schon gedacht haben, Hunde haben eine etwas andere Priorisierung ihrer Sinne.
Andere Sinne gleichen das relativ schlechte Seevermögen des Hundes aus, welches ohnehin nicht den ersten Platz in der Priorität einnimmt.
Zwei der anderen Hauptsinne, das Riechen und das Hören, sind zudem noch jenen der Menschen weit überlegen.

Nicht sehr überraschend, aber es ist die Nase, die von Hunden als Hauptsinn priorisiert wird. Immerhin ist es ihr stärkster Sinn.
Hunde verfügen über bis zu 250 Millionen Riechzellen, die im sogenannten Riechepithel angesiedelt sind. Das Riechepithel ist ein Gewebe, das für die Wahrnehmung von Gerüchen spezialisiert ist und sich in der sogenannten Regio olfactorio, oder auch Riechschleimhaut genannt befindet.
Das sind recht viele Riechzellen im Vergleich zum Menschen. Wir Menschen verfügen nämlich nur über bis zu 5 Millionen Riechzellen.
Falls dich das Riechsystem näher interessiert, empfehle ich den Artikel von Wissenschaftlern der Uni Heidelberg "Wie das Riechsystem Informationen verarbeitet" zu lesen.
Link: Uni Heidelberg - Wie das Riechsystem Informationen verarbeitet

Ohne zu Tief auf das Riechsystem des Hundes einzugehen, kann gesagt werden, dass sie verdammt gut riechen können.
Das geht sogar soweit, dass dein Hund bei der abendlichen Begrüßung riechen kann, was du beim Frühstück auf der Arbeit gegessen hattest. Nein, es geht sogar noch weiter.
Sie können buchstäblich riechen, was in deinem Kopf vorgeht. Zumindest auf chemischer Basis. Es ist jedoch bekannt, dass Hunde Emotionen wie Angst, Stress, große Freude und Wut aus deinen Gerüchen interpretieren können.
Sogar Krankheiten können diese Vierbeiner riechen, weshalb sie heutzutage sogar schon zu diesem Zweck ausgebildet und eingesetzt werden. Zum Beispiel zum Erschnüffeln von Krebs.
Sie riechen ob du schwanger bist, ob du Sex hattest und wie lange das ungefähr her ist. Deshalb auch, ob das Herrchen dem Frauchen fremd gegangen ist. Wahrscheinlich tagelang danach sogar.
Keine Frage, dein Hund riecht sogar das Fleischwurstbrötchen durch die Kühlschranktüre. Die wenigen Geruchsmoleküle, die durch den Dichtungsgummi des Kühlschrankes ihren Weg bis hinein in die Nase des Hundes schafften, passieren auf ihrem Flug durch den langen Riechkolben garantiert einige der fast unzähligen Riechzellen.
Den Spuren eines Beutetieres können Hunde kilometerweit folgen.

Dieses schier übermächtige Sinnesorgan ist also der Hauptsinn des Hundes, wie es beim Menschen die Augen sind.
Wenn wir Menschen ein alarmierendes Geräusch wahrnehmen und dann nachsehen, ist es bei Hunden die Nase, die nach der Alarmierung zum Einsatz kommt. In vielen Fällen hat der Hund die Ursache des Geräusches sogar schon gerochen, bevor er es gehört hat.
Hinsehen wird ein Hund zum Beispiel dann, wenn er es nicht identifizieren kann. Oder er den Grund für die akustische Alarmierung gefunden hat und möchte es mit den Augen fixieren.

Dass Hunde immens gut hören können, ist weithin bekannt. Doch wie gut sie hören können, kann sich ein Mensch kaum vorstellen.
Der erste Unterschied besteht nämlich darin, dass unsere vierbeinigen Freunde Tonhöhen und Frequenzbereiche hören können, die das menschliche Gehör nicht mehr hören kann. So können Hunde einen akustischen Frequenzbereich von 15 bis 50.000 Schwingen pro Sekunde (Hertz) wahrnehmen. Beim Menschen ist es ein wesentlich kleinerer Frequenzbereich von 20-20.000 Hertz. Des weiteren können Hunde ihre Ohren bewegen, wodurch sie die exakte Richtung aus welcher ein Geräusch seinen Ursprung nahm, ermitteln können.
Zudem können sie ihr Gehör selektiv einsetzen. Dabei filtert das Hundehirn Geräusche aus, die es nicht wahrnehmen möchte. Ungefähr wie bei menschlichen Männern, wenn die Schwiegermutter zu Besuch kommt und sich über die Renovierungsbedürftigkeit deiner Wohnung auslässt.

Which senses dogs rely on most

You might have guessed it, dogs have a slightly different prioritization of their senses.
Other senses make up for the dog's relatively poor ability to see, which doesn't take first place in priority anyway.
Two of the other main senses, the sense of smell and the sense of hearing are also far superior to those of humans.

Not very surprising, but it is the nose that dogs prioritize as their main sense. After all, it is their strongest sense.
Dogs have up to 250 million olfactory cells located in what is called the olfactory epithelium. The olfactory epithelium is a tissue specialized for the perception of odors and is located in the so-called regio olfactorio, or olfactory mucosa.
That's quite a lot of olfactory cells compared to humans. In fact, we humans only have up to 5 million olfactory cells.
If you are interested in the olfactory system in more detail, I recommend reading the article by scientists at the University of Heidelberg "How the olfactory system processes information"
. Link: University of Heidelberg - How the olfactory system processes information (German language, suitable for translator).

Without going too deeply into the dog's olfactory system, it can be said that they are pretty darn good at smelling.
This even goes as far as your dog being able to smell what you ate at breakfast at work when you greet him in the evening. No, it gets even farther than that.
They can literally smell what's going on in your head. At least on a chemical basis. However, dogs have been known to interpret emotions like fear, stress, great joy and anger from your odors.
This four-legged friend even can smell diseases, so nowadays they are even trained and used for this purpose. For example, to sniff out cancer.
They smell whether you are pregnant, whether you had sex and how long ago that was approximately. Therefore, also whether the dog master cheated on his wife. Probably even for days afterwards.
No question, your dog smells even the meat sausage roll through the refrigerator door. The few odor molecules that made their way through the refrigerator's sealing rubber all the way into the dog's nose are guaranteed to pass through some of the nearly innumerable olfactory cells on their flight through the long olfactory bulb.
Dogs can follow the tracks of a prey animal for miles.

So, this sheer superior sense organ is the main sense of the dog, as it is the eyes in humans.
If we humans perceive an alarming sound and then look, it is in dogs the nose that comes into action when hearing an alarming sound. In many cases, the dog has even smelled the cause of the sound before it has heard it.
A dog would use the eyes, for example, if he can not identify it. Or it has found the reason for the acoustic stimulus and wants to fix it with the eyes.

That dogs can hear immensely well is widely known. But how well they can hear, a human being can hardly imagine.
Indeed, the first difference is that our four-legged friends can hear pitches and frequency ranges that the human ear can not hear. For example, dogs can perceive an acoustic frequency range of 15 to 50,000 oscillations per second (hertz). In humans, it is a much smaller frequency range of 20-20,000 hertz. Furthermore, dogs can move their ears, which allows them to determine the exact direction from which a sound originated.
In addition, they can use their hearing selectively. In doing so, the dog brain filters out sounds that it does not want to perceive. Propably like human men, when the mother-in-law comes to visit and talks incessantly about the need for renovation of your apartment.


Wahrnehmung und Verhalten

Die Wahrnehmung hat selbstverständlich Einfluss auf das Verhalten von Lebewesen. Zum Beispiel, wenn wir Menschen akustisch alarmiert werden, schauen wir instinktiv mit unseren Augen in die Richtung, aus welcher das Geräusch kam.
Bei Hunden ist es anders. Ein Hund würde in den meisten Fällen vorzugsweise die Nase in die Luft strecken, zum Beispiel wenn das Geräusch nah erschien, um Informationen über die Ursache des Geräusches zu sammeln.
Hältst du deinem Hund ein Leckerli hin, ist es ebenfalls die Nase, mit welcher der Hund es vorzieht hinzuschauen. Hält dein Kumpel dir ein Stück Schokolade hin, schaust du mit den Augen hin.
Auch wenn wir Menschen nicht so gut riechen können wie Hunde, ist unsere Nase nicht unfähig. Denn auch wir nutzen sie ständig im Alltag. Allerdings reichen ihre Fähigkeiten, im Vergleich zu Hunden nur für einfache Aufgaben. So gleichen wir Gerüche mit unserem Gedächtnis ab um zu ermitteln was wir gerade riechen. Doch weil die Nase uns nur oberflächliche Informationen wie, "es riecht wie" liefert, sind es immer die Augen, die aufgrund der olfaktorischen Wahrnehmung eines Geruches die genauere Untersuchung durchführen. Hunde hingegen, ziehen bereits aus einem Geruch so viele Informationen, dass das Hinschauen mit den Augen oft einfach sinnlos wäre.

Diese unterschiedliche Priorisierung der Sinnesorgane bei unseren Vierbeinern, macht sich nicht nur stark im Alltag, sondern auch im Training bemerkbar.
Da Hunde nicht auf die Wahrnehmung ihrer Augen fokussiert sind, ist es gerade in den ersten Tagen des Hundetrainings ein wirklicher Kampf, die Aufmerksamkeit des Hundes auf beispielsweise auf den Finger zu lenken um den Hund auf etwas hinzuweisen, dem Hund irgend etwas zu zeigen.
Meiner Erfahrung nach, folgen Hunde dem Zeigefinger am Besten, in dem man mit dem ganzen Arm, in einer ständigen Bewegung vom Hund zum Objekt zeigt. Was aus meiner Sicht schon deshalb sinnvoll ist, da Hunde mit den Augen am ehesten bewegten Dingen folgen.

Perception und Behavior

Perception, of course, affects the behavior of living things. For example, when we humans are alerted acoustically, we instinctively look with our eyes in the direction from which the sound came.
With dogs, it is different. In most cases, a dog would prefer to stick its nose in the air to gather information about the source of the sound, for example if the source of the sound seemed close.
If you hold out a treat to your dog, it is also the nose which the dog prefers to look with. If your buddy holds out a piece of chocolate to you, you look with your eyes to it.
Even if we humans cannot smell as well as dogs, our nose is not incapable. Because we also use them constantly in everyday life. However, their abilities, compared to dogs are only enough for simple tasks. We just match odors with our memory to determine what we are smelling. But because the nose only provides us with superficial information such as, "it smells like", it is always the eyes that do the more detailed investigation based on the olfactory perception of a smell. Dogs, on the other hand, can draw so much information from a smell that looking with the eyes would often simply be absurd.

This different prioritization of the sense organs of our four-legged friends, makes itself not only strongly in the everyday life noticable, but also in training.
Since dogs are not focused on the perception of their eyes, it is especially in the early days of dog training a real struggle to direct the dog's attention to, for example, the finger to point the dog to something, to show the dog anything.
In my experience, dogs follow the index finger best, by pointing with the whole arm in a constant movement from the dog to the object. Which from my point of view is useful, since dogs most likely follow moving things with their eyes.


Viele Grüße, best regards
QuantumG


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